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Grandiose Fotomotive in der Brunftzeit

Der Herbst hat viele fotografierenswerte Gesichter, seien es beispielsweise der Indian Summer mit seiner traumhaften Blattfärbung oder eben die Brunftzeit von Rot- und Damwild. Der Testosteronspiegel dieser Artgenossen steigt in dieser Zeit in ungeahnte Höhen und die Tiere sind paarungswillig hyperaktiv. Die besten Bedingungen für Fotografen, sie außergewöhnlich wirkungsvoll vor die Linse zu bekommen und diese einzigartigen Momente dauerhaft zu konservieren. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man sich an den Orten des Rot- und Damwildes aufhält, und zwar im Wald beziehungsweise den angrenzenden Flächen. Da die Populationsdichte hier jedoch nicht allzu hoch ist, muss man das Glück auf seiner Seite haben. Viele, die das Spektakel erleben möchten, zieht es deshalb in einen der zahlreichen Wildparks, wo die Populationsdichte deutlich höher liegt. Je nach Wetterlage beginnt die Brunftzeit im September und hat ihren Höhepunkt im Oktober. Auch wenn die Hirsche den ganzen Tag sich die Seele aus dem Leib röhren, so sind sie am frühen Morgen am aktivsten. Frühes Aufstehen bzw. vor Ort sein ist also angesagt – dafür wird man mit tollen Impressionen entlohnt.

©2015 by Matthias Koch

Rot- und Damwild formatfüllend abzulichten, setzt entsprechendes Kameraequipment voraus, mit dem sich Distanzen überbrücken lassen. Dies gelingt mit den sogenannten Bridgekameras und ihrem weiten Zoombereich, der in den Telebereich reicht. Noch besser als Aufnahmegerät sind kompakte System- und Spiegelreflexkameras, ausgestattet mit Teleoptik. Bezüglich der Brennweite gehen die Meinungen etwas auseinander. Manche sagen, ein Teleobjektiv mit 300 mm Brennweite erachten sie als ausreichend. Wir hingegen favorisieren ein Teleobjektiv mit 400 mm oder gar 500 mm Brennweite. Lichtstark sollte das Objektiv sein, denn in der Morgenstimmung und wenn beispielsweise Nebel über den Landschaften liegt, sind die Lichtbedingungen mitunter doch sehr herausfordernd. Zudem fällt es leichter, scharf zu fokussieren, wenn das Objektiv lichtstärker ist. Ist man im Besitz eines Telekonverters, so sollte man diesen mit auf die Pirsch nehmen. Die dritte Hand des Fotografens, also ein Stativ, ist Pflicht. Es entlastet nicht nur die Hände und Arme, sondern garantiert bei den mitunter schlechten Lichtverhältnissen verwacklungsfreie Aufnahmen. Mit einem Einbeinstativ ist man natürlich sehr mobil bei seinen Streifzügen. Uns bietet das Drei- beziehungsweise Vierbeinstativ beim Fotografieren mehr Entspannung. Aktuelle Modelle sind in Windeseile aufgestellt, wenn es schnell gehen muss. Wichtig ist, darauf zu achten, dass Stativ und Kameraausrüstung eine Einheit bilden – das Stativ muss auf die Traglast ausgelegt sein, sonst geht es sprichwörtlich in die Knie. Schon zu Beginn der Wanderung sollte die Kamera auf dem Stativ montiert sein, denn nur so ist man als Fotograf immer gewappnet. Muss man hingegen die Kamera erst aus dem Fotorucksack holen und auf das Stativ schrauben, dann ist möglicherweise das Rot- und Damwild schon in weite Ferne geflüchtet. Nun, die männlichen Exemplare in ihrem Rausch sind deutlich weniger scheu als die weiblichen Exemplare. Die Akkus gehören natürlich voll geladen, ein Ersatzakku sollte ebenso in der Fototasche nicht fehlen wie mindestens eine Ersatzspeicherkarte.

Wie so oft in der Fotografie stehen einem zahlreiche Optionen offen. Von vielen Fotografen wird die Zeitautomatik favorisiert, mit Belichtungszeiten von 1/300 Sekunde. Je nach vorherrschender Lichtsituation muss dementsprechend mit der ISO-Empfindlichkeit und der Blende gespielt werden. Dies geht gegebenenfalls zu Lasten der Schärfentiefe. Gerade wenn der Tag erwacht, muss die ISO-Empfindlichkeit auf 800 und mehr erhöht werden. Glücklich können sich all jene schätzen, die über ein recht neues Kameramodell verfügen, da diese weniger stark zum Bildrauschen neigen. Mit zunehmender Lichtintensität können die ISO-Empfindlichkeit zurückgefahren und die Blendenöffnung verkleinert werden.

Andere setzen als Kameraeinstellung auf die Blendenvorwahl A/Av – hier wird die Blende vom Fotografen vorgegeben und die Kamera wählt die entsprechende beziehungsweise passende Belichtungszeit aus. Die ISO-Empfindlichkeit sollte man natürlich im Blick haben, denn die kann sich unter schlechten Lichtverhältnissen auf weit über 800 erhöhen. Je nach Kameramodell kann dies die Bildqualität beeinträchtigen.

Damit die Ausbeute an scharfen Aufnahmen möglichst hoch ausfällt, ist der kontinuierliche Autofokus eine gute Wahl. Der Mehrfeldmessung ist der Vorzug zu geben. Empfehlenswert ist die Serienbildfunktion, sie erhöht schlichtweg die Trefferquote.

Als Fotograf trägt man große Verantwortung und dementsprechend gilt es, Grenzen nicht zu überschreiten. Erste Regel lautet, sich selbst für gute Bilder nicht in Gefahr zu bringen. Die zweite Regel lautet, den Tierschutz zu beachten. Und als dritte Regel gilt es, sich entsprechend der Jahreszeit zu kleiden, ein frierender und durchnässter Fotograf kann nur schwerlich zur Hochform auflaufen. Tarnkleidung ist natürlich angesagt. An Proviant und an ein wärmendes Getränk sollte man denken. Aufmerksam sollte man bei diesen liebestollen Tieren sein, denn so ein Hirsch kann sich auch einmal von hinten nähern, wenn er seinen Kontrahenten angeht.

Wichtig ist es, sich im Vorfeld über Wildtiere wie Hirsche und ihre Gewohnheiten zu informieren. Das erhöht die fotografische Ausbeute, denn Verhaltensweisen können leichter vorhergesehen werden. So gehen Hirsche bis zur Brunft jeder Rauferei aus dem Weg und stehen friedlich in Gruppen als Männergesellschaft zusammen. Im September lösen sich diese Hirschrudel schlagartig auf. Ein rasant ansteigender Testosteronspiegel leitet jetzt die Brunft ein und die Paarungszeit der Hirsche macht aus guten Kumpeln erbitterte Konkurrenten. Sechs Wochen lang geht es dabei einzig und allein um die Gunst der Alt- und Schmaltiere. Zum Droh- und Imponiergebaren gehört auch das Röhren – sicherlich die bekannteste Lautäußerung brunftiger Hirsche.

Quelle: Fotografieren in der Praxis 09 / 2015 prophoto-online.de